Standortwahl – und was passiert dann?
Die Nagra verkündet im Herbst die Standorte. Natürlich wird die Aufregung groß, das Medienecho gewaltig sein. Jahrelang fieberten wir der Entscheidung entgegen, welcher Ort wohl der sicherste für ein Endlager wäre.
Für die einen wird der Tag X bestimmt wie eine Erlösung sein – was für ein Glück, woanders ist es noch sicherer. Die aber, die das Lager bekommen sollen, werden ganz unterschiedliche Wege einschlagen können. Vielleicht geben dabei Voreinstellungen und menschliche Charakterzüge den Ausschlag: Bekommen diejenigen Zulauf, die ein Tiefenlager in ihrer Region ablehnen? Oder werden andere die Meinungsführerschaft erlangen, die in diesem Schweizer Jahrhundertprojekt das große Geld wittern? Was wird mit den Besonnenen sein, mit jenen, die sagen: Jetzt lasst uns was draus machen – gemeinsam? Ach ja, natürlich wird es auch noch die geben, die schon immer alles gewusst haben. Aber wo gibt’s die nicht?
Und was passiert dann? Eigentlich nichts!
Klar, kann man das so nicht sagen. Schließlich passiert immer was. Aber erstens liest so einen Text kein Mensch, wenn es keine Pointen gibt. Und zweitens wird es natürlich öffentliche Veranstaltungen geben, in den Standortregionen, in der Schweiz, in den Landkreisen. Bitte achten Sie hier auf die Terminankündigungen in den regionalen Medien.
Im Herbst wird die Nagra die Standorte für das oder die Tiefenlager präsentieren: Es wird ein Vorschlag sein, nichts weniger, vor allem aber auch nichts mehr. Die Behörden werden den Vorschlag auf Herz und Nieren prüfen und am Ende politisch entscheiden. Erst nachdem die nationale Exekutive (der Bundesrat) und Legislative (die Nationalversammlung) zugestimmt haben werden und gegebenenfalls das Volk angerufen sein wird (mit einem landesweiten fakultativen Referendum), wird die Schweiz ihren Endlagerstandort gefunden haben. Bis dahin ist noch ein weiter Weg.
Wie verläuft dieser Weg in groben Zügen, was sind seine wichtigsten Stationen? Nach der Verkündung der Standorte wird die Nagra die Unterlagen für das Rahmenbewilligungsgesuch ausarbeiten. Dafür ist ein Zeitraum von etwa 2 Jahren eingeplant. Die Nagra wird im Herbst 2022 ihre Gründe für die Standortwahl in einem kurzen, allgemeinverständlichen Bericht darlegen. Die ausführlichen wissenschaftlichen Berichte samt sicherheitstechnischen Vergleich der drei Standortgebiete werden dann Bestandteile des Gesuchs sein – die fachliche Überprüfung und Beurteilung der Argumentation zur Standortwahl kann also erst mit der Einreichung der Gesuchsunterlagen beginnen. Das wird nach heutiger Planung etwa Ende 2024 passieren. Was sich daran anschließt, kennen wir dem Ablauf nach bereits aus Etappe 2: Behördliche Überprüfungen, Erarbeitung und Offenlegung aller fachlichen Gutachten wie auch der Stellungnahmen der Regionalkonferenzen, der Kantone und der deutschen Kommunen, Landkreise sowie von Land und Bund und öffentliches Vernehmlassungsverfahren. Für diese Prozedur sind im Zeitplan gut 4 Jahre vorgesehen, so dass mit der Standortentscheidung des Bundesrats nicht vor 2029 zu rechnen ist.
Wir werden so lange – und noch länger – am Ball bleiben. Sie auch?